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Chancen und Grenzen - KI in der Immobilienverwaltung

Ein Beitrag von

 

Alexander Stade

 

AIZ Magazin des IVD Immobilienverband Deutschland

September 2024

 

Immobilienverwaltungen stecken in der Zwickmühle: Einerseits kämpfen sie mit Personalknappheit und geringen Einnahmen, andererseits erwarten ihre Kunden immer effizientere und bessere Dienstleistungen. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) kann da für Entlastung sorgen.

 

1 Titelbild des AIZ Magazins des IVD Immobilienverband Deutschland
2 KI in der Immobilienverwaltung: Fachbeitrag von Alexander Stade auf Seite 20
3 KI in der Immobilienverwaltung: Fortsetzung des Fachbeitrags von Alexander Stade auf Seite 21

 

Reduzierung des Arbeitsaufwandes

Künstliche Intelligenz ist sehr gut darin, Routineaufgaben zu automatisieren und zu übernehmen. Das entlastet
Mitarbeiter und steigert ihre Effizienz. Routineaufgaben, die eine KI übernehmen kann, sind zum Beispiel die Terminplanung, die Kommunikation mit Kunden oder der Verwaltung und Auswertung von Dokumenten. Inzwischen sind sogar KI-basierte Anrufbeantworter im Einsatz, die mittelfristig in der Lage sein werden, selbstständig Gespräche zu führen. Dadurch bleibt den Mitarbeitern mehr Zeit für wertschöpfende Tätigkeiten oder die direkte Betreuung von Kunden. In der Kundenbetreuung gibt es viele Möglichkeiten für den Einsatz einer KI. Chatbots und virtuelle Assistenten leisten mehr als die bisherigen Systeme, die vorgegebene Antworten auf bestimmte Fragen geben. Sie können rund um die Uhr Kundenanfragen beantworten und so die Erreichbarkeit und Servicequalität verbessern. Auch komplexere Anliegen können durch KI unterstützt und an die richtigen Ansprechpartner koordiniert weitergeleitet werden.

 

"Die Künstliche Intelligenz (KI) steckt eigentlich noch in den Kinderschuhen, die Technologie wird sich erst noch richtig entwickeln. Doch schon jetzt ist sie vielfältig einsetzbar und erobert einen Bereich unseres Alltags nach dem anderen. Generell trägt KI zur Effizienzsteigerung bei, da sie Prozesse optimiert und beschleunigt. Ob bei der Analyse großer Datenmengen, der Prognose von Markttrends oder der Verwaltung von Immobilienportfolios – KI bietet viele Möglichkeiten, den Arbeitsaufwand zu reduzieren und die Genauigkeit zu erhöhen. "
Ein Foto von Alexander Stade, Geschäftsführer und CEO der Firma Immofolia
Alexander Stade, CEO und CO-Gründer der Immofolia

Ein Beispiel ist die Erstellung von Marketingkonzepten. KI-gestützte Tools können Marktanalysen durchführen, Zielgruppen identifizieren und maßgeschneiderte Marketingstrategien entwickeln. Das spart nicht nur Zeit, sondern erhöht auch die Genauigkeit und Effektivität der Marketingmaßnahmen.

 

KI in der Immobilienverwaltung

Was für die Prozesse in einem Büro im Allgemeinen gilt, gilt auch für die Immobilienverwaltung:
Eine KI kann sehr viele Informationen in sehr kurzer Zeit vergleichen und auswerten. Dadurch können Verwaltungsprozesse effizienter gestaltet werden. Eine KI kann beispielsweise Mietverträge analysieren. Aus einer PDF-Datei liest sie per OCR- Analyse (Optical Character Recognition = Texterkennung) den Text heraus und kann Kerninhalte wie Mindestmietdauer, Laufzeit, Vertragspartner, Kündigungsfrist oder Mieterhöhungsoptionen herausarbeiten. Verwalter können also über eine Massendatenanalyse Bestände analysieren. Das kann gerade bei der Übernahme eines größeren neuen Mehrfamilien-Objektes viel Zeit ersparen. Bei der Instandhaltung und Überwachung von Gebäuden kann eine KI sehr gut die gesamte Technische Gebäude- Ausrüstung im Auge behalten, wenn diese ihre Daten übermittelt, sie kann auf fehlende (Mess-) Daten hinweisen, Daten ergänzen, Empfehlungen treffen und Bestandsdaten wie zum Beispiel Bauunterlagen auswerten und aufbereiten. Allerdings können die gängigen Softwareanwendungen derzeit nicht alle beschriebenen Aufgaben erledigen, Verwaltungen sind hier oft noch auf Prop- Tech-Unternehmen angewiesen, die sich mit solchen Prozessen tiefer befassen. Im Kundenservice kann KI die Qualität und Reaktionsgeschwindigkeit erheblich verbessern. Chatbots und automatisierte Antwortsysteme bearbeiten Kundenanfragen schneller und präziser als bisher. Die Systeme erkennen die Art der Anfrage, können sie auf die betreffenden Mitarbeiter verteilen und manche Fragen direkt beantworten.

 

Grenzen der KI

Trotz ihrer Fähigkeiten ist KI derzeit nicht in der Lage, Prozesse eigenständig zu analysieren, zu strukturieren oder zu automatisieren. Sie kann vorhandene Prozesse optimieren, benötigt jedoch eine menschliche Anleitung und Überwachung, um diese Implementierungen erfolgreich und nachhaltig durchzuführen. Man kann von einer KI derzeit nicht erwarten, dass sie beispielsweise den gesamten Vermietungsprozess ohne Einzug des Menschen übernimmt. Eine KI kann ein Inserat schalten, komplett mit Fotos, wenn die Daten der Wohnung vorliegen, sie kann die eingehenden Antworten auf das Inserat auswerten und sortieren und sie kann – wie gesagt – den Mietvertrag aufsetzen. Man sollte ihr aber nicht die tatsächliche Entscheidung über den Zuschlag überlassen. Persönliche Einschätzungen zu Interessenten sollte weiter ein Mensch treffen. Denn bei einer KI kann man letzten Endes nicht wissen, worauf ihre Entscheidung basiert. Auch bei der Schadensregulierung stößt KI an ihre Grenzen, weil dabei zu viele Gegebenheiten zu berücksichtigen sind. Ein Wasserschaden zum Beispiel zieht viel zu komplexe Anforderungen nach sich, dass eine KI ihn selbstständig regeln könnte. Eine KI kann noch die Meldung entgegennehmen, und den Notdienst verständigen, aber alles weitere muss dann ein Mensch erledigen. Die KI kann ihn dabei unterstützen. KI kann auch nicht selbstständig auf verschiedene Systeme zugreifen und Daten organisieren. Sie ist darauf angewiesen, dass die notwendigen Daten in geeigneter Form bereitgestellt werden und die Schnittstellen zu den Systemen vorhanden sind. Ohne menschliche Unterstützung bleibt KI hier begrenzt.

 

Risiken der KI

Die Frage nach der Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen einer KI ist wichtig und im Wesentlichen noch ungelöst. Künstliche Intelligenzen legen derzeit ihre Quellen oft nicht eindeutig offen. Daher kann man auch nicht wissen, woher eine Information stammt, die die KI „ausspuckt“, und nie sicher sein, ob sie korrekt ist oder wie die KI „bewertet“. In der Immobilienverwaltung bestehen eigene Herausforderungen. Denn hier ist die Komplexität der Verwaltungsprozesse oft hoch und die Daten sind vielfältig und sehr unterschiedlich. Die Implementierung von KI erfordert eine sorgfältige Planung und Anpassung an die spezifischen Bedürfnisse der Verwaltung, um tatsächlich Mehrwert zu schaffen.

 

Wohin entwickelt sich die KI?

Künstliche Intelligenz wird immer mehr Bereiche durchdringen und leistungsfähiger werden. Um ihre Möglichkeiten optimal zu nutzen und die Risiken klein zu halten, ist eine proaktive und verantwortungsbewusste Herangehensweise erforderlich. Für Arbeitgeber bedeutet das im Schwerpunkt die kontinuierliche Weiterbildung der Mitarbeiter. Und unsere Gesellschaft müsste sich unbedingt auf eine (am besten) weltweit gültige KI-Charta einigen, die Regeln für die KI aufstellt. Nur so kann KI nachhaltig und erfolgreich in Unternehmen Immobilienbranche integriert werden.